Altsilber-Rückgewinnung aus Fixierbädern, fotografischen Filmen und Papieren

Die nachfolgende Arbeit beschäftigt sich mit der Altsilber-Rückgewinnung aus verbrauchten fotografischen Bädern und Materialien mit unterschiedlichen Rückgewinnungsmethoden.
Silber gehört zu der Gruppe der Edelmetalle. Das zurückgewonnene Altsilber kann dann durch einen Recycling-Prozess als Feinsilber wiederverwendet werden.

1. Einleitung

Seit einigen Jahren schon beschäftigt sich die Firma Junker Edelmetalle mit bestimmten Teilbereichen der Fotografie wie der Astrofotografie, Hypersensibilisierung fotografischer Emulsionen und dem Fachbereich der Holografie. Eines gemeinsam ist diesen Bereichen der Einsatz von Silber in silberhaltigen fotografischen Prozessen. Heute, fast gänzlich durch die Digitalfotografie abgelöst, ist silberhaltiges Fotomaterial allerdings noch die Grundlage für die Erstellung von Hologrammen. Hier ist silberhaltiges Fotomaterial “noch” nicht durch die Digitaltechnik ersetzbar.

Silber, eines der wichtigsten Materialien im klassischen fotografischen Prozess stellt für die Umwelt ein störendes Schwermetall dar. Darüber hinaus ist es eines der begehrten Edelmetalle die duch eine geeignete Rückgewinnung als Altsilber aus den fotografischen Prozessen gewonnen werden kann. Um eine Beurteilung einer funktionierenden Altsilber-Rückgewinnung durchführen zu können wurde das Altsilber aus fotografischen Prozessen gesammelt. Das Silber wurde zurückzugewonnen, die verbrauchten Bäder entweder aufgefrischt oder ohne das belastende Altsilber umweltgerecht entsorgt.

2. Allgemeine Theorie

Die wichtigste Substanz im fotografischen Prozess gehört zu der Gruppe der Edelmetalle, nämlich das Silber (chemisches Symbol Ag). Es speichert die Bildinformation von der Belichtung bis zur Entwicklung. Vor Einführung der Digitalfotografie wurden in der Bundesrepublik im Color- und SW-Bereich zusammen jährlich ungefähr 106t bzw. 255t von dem Edelmetall verbraucht. Das entsprach einer Fläche der silberhaltigen fotografischen Papiere und Filme von rund 70 Mio m². Der Weltverbrauch für Silber (in allen Industriebereichen) lag sogar über der im gleichen Zeitraum aus Silbererzen gewonnenen Menge. Dieses Missverhältnis wurde teilweise durch außer Kurs gesetzte Silber-Münzen und silberhaltiges Material verbessert. In den letzten Jahren ist man aber darauf bedacht, auch das Altsilber aus den fotochemischen Prozessen zurückzugewinnen.

Bei der Belichtung fotografischer Emulsionen werden einige im Silberhalogenid vorhandene Ag-Ionen zu elemetarem Silber reduziert. Erst durch die Entwicklung dieser Filme oder Papiere werden die Latenzbildkeime vollständig geschwärzt (fein verteiltes Silber erscheint schwarz). Diese ergeben das fertige Bild. Silberhalogenidkristalle, die bei der Entwicklung nicht geschwärzt wurden, müssen aus der Emulsion herausgelöst werden. Diese noch reaktionsfreudigen Silber-Ionen würden sich sonst nachträglich schwärzen und das Bild zerstören. Dieser Prozess wird durch das Fixierbad verhindert, da es Chemikalien enthält, die das wasserunlösliche Ag-Ion in lösliches „verwandelt“ und somit aus der Emulsion herrauswäscht. Das “Verwandeln” und herauswaschen des Silber übernimmt das Natriumthiosulfat- oder Ammoniumthiosulfat-Fixierbad. Obwohl beide Fixierbänder denselben Zweck erfüllen, müssen sie bei der Altsilber-Rückgewinnung unterschiedlich behandelt werden. Ammoniumthiosulfatfixierbänder zeichnen sich durch eine hohe Fixiergeschwindigkeit aus. Der Altsilber-Gehalt hat darauf keinen wesentlichen Einfluss. Diese Bäder können also ohne weiteres bis zur Erschöpfungsgrenze (wenn nicht mehr genug Thiosulfat-Ionen zur Verfügung stehen, um das Silber zu binden) gefahren werden. Ganz anders dagegen Natriumthiosulfatfixierbäder. Hier hat der Altsilber-Gehalt einen wesentlichen Einfluss auf die Fixiergeschwindigkeit, weshalb sich eine rechtzeitige Entsilberung lohnt. So werden die Fixierzeiten kurz gehalten und die Lebensdauer wird erhöht.

Ein klassisches Schnellfixierbad setzt sich aus folgenden Chemikalien zusammen:

Ammoniumthiosulfat 130g/l
Natriumsulfit 16g/l
Chemisch zu pH-Wert-Regulierung pH 6,0-7,0

Die Fixierdauer solcher Bäder liegt, je nach Erschöpfungsgrad, zwischen 3 und 7 Minuten. Hierbei wird das Silber-Halogenid zunächst mit Hilfe des Ammoniumthiosulfates zu weißem Silber-Thiosulfat umgesetzt. Dies ist in Wasser jedoch nur schwer löslich.

2AgHal + (NH 4 ) 2 S 2 O 3 → Ag 2 S 2 O 3 + 2(NH 4)Hal

Diese Silber-Thiosulfat verbindet sich bei einem Überschuss an Ammoniumthiosulfat zu einem durchsichtigen, aber immer noch schwer wasserlöslichen Komplexsalz.

Ag 2 S 2 O 3 + (NH 4) 2 S 2 O 3 → 2(NH 4) [(Ag(S 2 O 3)]

Dieses Salz löst sich nur schwer aus der Gelatine. Würde man nun die Fixage unterbrechen, so würden sich nach Jahren noch genügend Silbersalze in der Gelatine befinden, um das Bild bräunlich zu verfärben. Erst bei weiterem Fixieren verwandelt sich das schwer lösliche Komplexsalz zu einem leichtlöslichen, das nun ohne Probleme und vollständig aus der Gelatine ausgewaschen werden kann.

(NH 4) [Ag(S 2 O 3)] + (NH 4) 2 S 2 O 3 → (NH 4) 3[Ag(S 2 O 3) 2]

Das Thiosulfat-Ion ist jedoch in Lösung sehr empfindlich gegen Sauerstoff, da es durch diesen oxidiert wird. Deshalb gibt man zu dem Fixierbad eine bestimmte Menge Natrium- oder Ammoniumsulfit, welches das Thiosulfation stabilisiert. (Die Sulfit-Ionen mit dem negativerem Potential werden vom Sauerstoff leichter oxidiert als die Thiosulfationen)
Bei der Altsilber-Rückgewinnung müssen die Color- und Schwarzweißfixierbänder voneinander getrennt entsilbert werden, da sich in einem Color-Fixierbad noch verschleppte Bleichbadsubstanzen befinden, wie z.B. Ammoniumeisen(III)-EDTA.

3. Methoden der Altsilber-Rückgewinnung

Für die Altsilber-Rückgewinnung aus verbrauchten Fixierbändern stehen dem Anwender unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Die Auswahl eines dieser Verfahren hängt von der Menge des anfallenden Fixierbandes, von den betrieblichen Voraussetzungen (Räumlichkeiten, zusätzlich Personal) und den empfohlenen Prozessspezifikationen ab. Die Methoden zur Altsilber-Rückgewinnung sind in der nachfolgenden Einteilung dargestellt:

1.Elektrolytische Altsilber-Rückgewinnung
2.Metallaustausch-Methode – Zementation des Altsilber
3.Chemische Fällung des Altsilber
4.Ionenaustauscher-Methode zur Rückgewinung des Altasilber

Im fotografischen Prozess findet man das Altsilber aber nicht nur in Fixierbändern, sondern auch in belichteten und entwickelten Filmabfällen aus der Schwarzweißfotografie und in unbelichteten Aufnahmematerialien aus der Schwarzweiß- und Farbfotografie. Auch hier bieten sich verschiedene Verfahren zur Altsilber-Rückgewinnung an:

5.Oxidation des Altsilbers
6.Ablösen der Gelatineschicht zur Rückgewinung des Altsilber
a) enzymatisch
b) mit heißer Natronlauge

3.1 Abscheidung als Elektrolytsilber

Bei der elektrolytischen Altsilber-Rückgewinnung werden zwei Elektroden, an denen Gleichstrom anliegt, in ein silberhaltiges Fixierbad getaucht. An der Kathode (aus rostfreiem Edelstahl) lagert sich das Edelmetall in einer sehr hohen Reinheit ab (Elektrolytsilber). Als Anode verwendet man meistens Graphit, da dieses gegenüber bestimmten Chemikalien beständiger ist als andere Materialien. Bei der Altsilber-Elektrolyse fließt nun Gleichstrom niedriger Spannung zwischen den Elektroden, und das Altsilber kann an der Kathode zu Elektrolytsilber reduziert werden.

[Ag(S 2 O 3) 2] 3- + e- → Ag + 2(S 2 O 3) 2-

Da sich aber das positiv geladene Ag-Ion in der negativen Hülle der Thiosulfationen befindet, wird der Komplex von der Kathode abgestoßen. Um aber dennoch genügend Ag-Ionen zur Reduktion an die Kathode zu bringen, muss das Fixierbad ständig bewegt werden. Dies geschieht entweder durch bewegliche Elektroden (z.B. eine sich drehende Kathode) oder durch eine Umwälzung des Fixierbades (z.B. mit Pumpen). Sollte die Bewegung des Bades einmal nicht ausreichend sein oder die Stromstärke zu groß, so besteht die Gefahr der Silbersulfidbildung. Dies erschwert die Silber-Ablagerung und macht eine Wiederverwendung des Fixierbades unmöglich. Der Altsilber-Ertrag bei dieser Methode hängt von der Wartung der Geräte ab. Eine zu hohe Stromstärke führt, wie schon erwähnt, zur Bildung von Silbersulfid, womit eine restlose Entsilberung (z.B. bis auf weniger als 0,05g/l) nicht erreicht werden kann. Eine zu geringe Stromstärke dagegen bewirkt, dass das Verfahren wegen der zu langen Laufzeit unwirtschaftlich wird.

3.2 Metallaustausch-Methode - Zementation

Die Metallaustausch-Methode oder auch Zementation des Altsilber bezeichnet ein Verfahren, bei dem unedlere Metalle als Silber ins Fixierbad gegeben werden. Dabei werden diese Metalle z.B. Fe, oxidiert und gehen in Lösung. Die Ag+-Ionen werden reduziert und das Edelmetall scheidet sich als Altsilber ab.

2[Ag(S 2 O 3) 2] 3- + Fe → 2Ag + Fe 2+ + 4S 2 O 3 2-

Mit dieser Methode lassen sich rund 99% des im Fixierbad vorkommenden Altsilbers abtrennen. Am schnellsten würde die Altsilber-Abscheidung mit Zink ablaufen. Es ist allerdings nicht in billiger und geeigneter Form zu bekommen. Auch aus ökologischer Sicht ist Zink bedenklich, da es bei der Altsilber-Rückgewinnung ins Abwasser gelangen könnte. Aus diesem Grund verwendet man zur Altsilber Zementation häufig Eisen, da es in billiger und geeigneter Form als Stahlwolle oder Schrott im Handel vorliegt. Außerdem sind die Eisenionen bei evtl. Eintritt in die Kanalisation längst nicht so bedenklich wie Zink.
Schwarzweiß-Fixierbäder und Colorfixierbäder können nach einer Altsilber-Abscheidung mit dieser Methode nicht wieder verwendet werden (wegen der störenden Eisenionen). Dagegen eignet sich dieses Verfahren sehr gut bei Bleichfixierbädern, da hier zur Wiederaufbereitung für den Farbbildungsprozess Eisenionen notwendig sind. Trotz der einfachen Durchführung dieser Entsilberungsart findet sie in großtechnischen Labors kaum Anwendung. Kodak bietet zwar Eisenwolle-Entsilberungs-einheiten an, die aufgrund der kleinen Reaktionsbehälter (20 Liter) und des geringen Durchsatzes für größere Mengen Fixierbad zu viel Platz und Zeit beanspruchen würden.
Für kleinere Labors aber, denen eine elektrolytische Altsilber-Rückgewinnung zu teuer ist, bietet die Zementation des Altsilber die beste Alternative. Aus diesem Grund wurde eine solche Eisenwolleentsilberung untersucht.
Bei dem Fixierbad handelte es sich um ein Schwarzweiß-Fixierbad, das nach der Entsilberung entsorgt werden musste. pH-Wert, Thiosulfat und Sulfit-Konzentrationen wurden untersucht. Die Silber- und Eisenbestimmung wurde aufgrund der zu niedrigen Messwerte in einem mikrotechnischen Labor gemessen.

Die Durchlaufgeschwindigkeit des Altssilber-haltigen Bades betrug 1Liter pro Minute. Die erste Messung war direkt aus dem Vorratstank, die 8. Messung nach 120 Minuten aus dem Auffangtank. Die weiteren Messungen a.A. wurden alle 20 Minuten direkt nach dem Eisenwollebehälter bestimmt.
Bei der Eisenwolleentsilberung wird das Thiosulfat zerstört. Messung 1 zeigte einen Gehalt von 125,16 g/l, Messung 8 nur noch 116,56 g/l. Der pH-Wert liegt am Anfang (Messung 1) bei 4,98 am Ende (Messung 8) des Durchlaufs bei 5,70. Die Messung 2, also die erste Messung direkt nach dem Eisenwollebehälter (nach 20 Minuten), zeigte einen pH-Wert von 5,92, der bis zu Messung 7 stetig abnimmt (5,60). Das unbehandelte Fixierbad dagegen nur noch einen Restgehalt von 1,8mg Silber pro Liter auf. Der Eisengehalt der Lösung stieg jedoch um 1,03 g/l an. Weitere Messungen haben gezeigt, dass die Eisenwolle mit zunehmender Durchflussmenge weniger Silber aus dem Fixierbad trennt. Legt man aber zwei Eisenwolle-Entsilberungsanlagen direkt hintereinander, so ist der Silber-Gehalt auf einen Wert zu drücken, der selbst von gut gewarteten Elektrolyseeinheiten nicht zu erreichen ist.

3.3 Chemische Silber Fällung

Ein weiteres Verfahren zur Behandlung silberhaltiger Fixierbäder ist die chemische Fällung des Altsilber. Hier wird meist mit aggressiven Chemikalien (wie z.B. Hypochlorid, Perchlorat, Wasserstoffperoxid, Natriumdithionit usw.) eine Ausfällung des Silbers als sein Chlorid, Oxid, oder Sulfidschlamm erreicht. Durch eine Altsilber-Ausfällung mit Wasserstoffperoxid z.B. kann man zusätzlich das sehr Wasserbelastende Thiosulfat und Sulfit in Sulfat überführen. Die Filtrierung und Trocknung des Altsilber-Schlamms ist allerdings eine zeitaufwendige und schmutzige Arbeit. Nachfolgend eine Reaktionsgleichung für die Ausfällung mit Natriumdithionit:

2[Ag(S 2 O 3) 2] 3- + S 2 O 4 2- + 4OH - → 2Ag + 4S 2 O 3 2- + 2SO 3 2- + 2H 2 O

3.4 Ionenaustauscher Methode

Hierbei wird das Fixierbad über einen Kunstharzionenaustauscher geleitet. Da das Silber im negativ geladenen Thiosulfatkomplex vorliegt, müssen stark basische Anionenaustauscher verwendet werden.

3.5 Oxidative Methode (aus silberhaltigem Fotomaterial)

Zur Rückgewinnung des Altsilber aus belichteten fotografischen Materialien muss das elementare Silber in sein Halogenid zurückverwandelt werden. Das erreicht man durch eine Oxidation mit einem Bleichbad folgender Zusammensetzung:

Kalumhexacyanoferrat(III) 30g
Kalumbromid 20g
In 1 Liter Wasser

Die so präparierten Filmmaterialien können nun in einem Fixierbad behandelt werden. Unbelichtete Fotoabfälle bei denen das Silber schon in Ionenform vorliegt, werden direkt in ein Fixierbad gegeben. Diese Fixierbäder können dann, wie oben beschrieben, aufgearbeitet werden um das Altsilber zurück zu gewinnen.

3.6 Ablösen der Gelatineschicht zur Gewinnung des Altsilber (aus Fotomaterial)

Um das Altsilber ohne den Umweg über ein Fixierbad zu erhalten, kann das Altsilber mit folgenden zwei Verfahren direkt aus silberhaltigen Fotomaterialien gewonnen werden.

a) enzymatisch

Dies ist ein weiteres Verfahren, Altsilber aus belichteten Fotomaterialien zu erhalten. Man bringt ein Gelatineabbauendes Enzym, wie z.B. Pepsin oder Trypsin, mit dem Fotomaterial in Berührung. Nach ein paar Stunden ist die Gelatine abgelöst und das Altsilber kann abgefiltert werden. Nebenbei erhält man das Trägermaterial zurück, das zu neuen Filmen/Papieren verarbeitet werden kann.

b) mit heißer Natronlauge

Im Reagenzglasversuch ließ sich die Gelatine einwandfrei durch heiße Natronlauge ablösen. Das sich absetzende Altsilber kann problemlos abgefiltert werden. Auch hier ist eine Weiterverwendung des Trägermaterials möglich.

4. Literaturverzeichnis

Agfa, Schulungsunterlagen Agfacolor-Prozess 94/RA-4
Baumann W., Kahler-Jenett E., Schunk B. Fotochemikalien. Springer-Verlag
Kodak. Die Silberrückgewinnung in der Fotografie.
Knorn, Christian. Rückgewinnung von Silber aus photographischen Rückständen. MuA 60. Lfg. III/81

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© Junker Edelmetalle 1992