Draht ziehen (Gold, Silber, Platin und Palladium)

Im 3. Jahrhundert v. Chr. haben die Ägypter aus Golddraht Schmuck gearbeitet [1]; die Chinesen verwendeten Golddraht zur Herstellung von Gewändern [2]. Im Mittelalter wurden aus Draht die im Kampf überlebenswichtigen Kettenhemden hergestellt.
Und heute? Egal ob Schraube, Uhr, Klavier, oder Telefon – überall ist Draht ein wichtiger Bestandteil. Doch wie wird aus einem Metallblock ein, je nach Bedarf, millimeterdünner Drahtfaden? Traditionell wird Draht gezogen [3].

Zieheisen zur Herstellung von Gold-, Silber-, Platin- und Palladiumdrähten, ©Frank Vincentz - Wikipedia

Ausgangsmaterial ist ein metallener Stab (aus Edelmetallen wie Gold, Silber, Platin, Palladium oder auch Kupfer, Eisen, Messing, Aluminium, oder Edelstahl), welcher zuerst zu Grobdraht geschmiedet und anschließend angespitzt durch verschieden große (schmäler werdende) Löcher eines Zieheisens gezogen wird. Je nachdem welche Drahtstärke gewünscht ist, wird der Draht dünner und gleichzeitig länger [4], da die Außenzone des Metalls nach hinten abgedrängt wird und der Kern des Materials (nahezu unverändert) die Öffnung des Zieheisens passiert. Nur wenn die Löcher des Zieheisens frei von Schmutz und absolut glatt sind, entsteht ein qualitativ hochwertiger Draht [5]. In der Handfertigung von Gold- und Silberdraht verwendet man gerne Bienenwachs als Schmiermittel. Diese Wachs verringern die Reibung, wenn beispielsweise der Golddraht oder Silberdraht durch die Öffnungen des Zieheisens gezogen wird.
Es handelt sich dabei insgesamt um ein Kaltumformverfahren [6]. Um die Elastizität des Materials zu erhalten, muss, nach jedem dritten bis fünften Mal des Ziehen, der Draht geglüht werden. Die Glühtemperatur und Dauer richtet sich – nach dem verwendeten (Edel)metall. So wird Golddraht unter anderen Bedingungen geglüht wie beispielsweise Silber-, Platin oder Palladiumdraht.

Bis 1350 die Drahtmühle erfunden wurde, war das Drahtziehen reine Muskelarbeit. Der Drahtzieher (“Schockenzieher”) zog den Draht mit einer Zange durch das Zieheisen [7] unter großer körperlicher Anstrengung. Erste Erleichterung brachte die so genannte Ziehbank. An der Ziehzange werden Gurte oder Ketten befestigt, die auf eine Spule aufgewickelt werden [5]. Es entsteht eine Art Flaschenzug, der im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut wurde (u.a. mit Zahnrädern, mehrere Züge hintereinander etc.).

Drahtzieherei zur Herstellung bspw. von Golddraht und Silberdraht, ©Stahlkocher, Wikipedia

Windscheiben- Grobzüge sorgten ab dem 19. Jahrhundert dafür, dass der Draht kontinuierlich (ohne Stocken und Absetzen) gezogen werden konnte, wodurch sich Qualität und Quantität steigerten [1].
Letztendlich umfassen industrielle Ziehsteine bis zu 31 Stufen, durch die der Draht mittels Ziehscheiben vollautomatisch gezogen werden. Die schweißtreibende Muskelarbeit wird also dank dem Erfindergeist der Industrialisierung weitestgehend ersetzt.

Silberdraht auf Trommel, ©Arnold Reinhold, Wikipedia

In Deutschland hat sich das Sauerland als führende Drahtproduktionsstädte hervorgetan (siehe auch: www.deutsches-drahtmuseum.de). Bereits seit dem 14. Jahrhundert wird vor allem in der Stadt Altena Wasserkraft genutzt, um die Ziehmaschinen anzutreiben.

Das besondere an dem Edelmetall Gold ist seine enorme Verformbarkeit. So kann man Gold entweder zu einem sehr dünnen Blatt ausschlagen (Blattgold) oder aber zu sehr dünnen und extrem langen Fäden ausziehen. Vor allem in der Forschung (z.B. Detektoren [8]) und Elektronik (z.B. Kontaktierungen [9]) spielen solch ultradünnen Golddrähte eine große Rolle. Dort schätzt man eben die besonderen physikalischen und chemischen Eigenschaften von Drähten aus dem Edelmetall Gold.

Literaturverzeichnis

Quellen:
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Draht
[2] http://german.cri.cn/chinaabc/chapter20/chapter200311.htm
[3] https://www.meisenbach.de/dr-01-2008/artikel_-drahtziehen-ist-eine-alte-kunst-(teil-i)-_5747_3_175_de.html
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Ziehstein
[5] Brepohl, Erhard 2008: “Theorie und Praxis des Goldschmieds” 16. Auflage, Fachbuchverlag Leipzig: Carl Hanser Verlag.
[6] http://www.knauf-interfer.de/deutsch/service/stahllexikon/d/drahtziehen.html
[7] http://u0028844496.user.hosting-agency.de/malexwiki/index.php/Drahtziehen
[8] http://aliceinfo.cern.ch/static/Documents/outreach/pressarticles/FACTS.pdf
[9] http://www.ati.ac.at/~atomchip/atomchip2/articles/physikjournal_2008.pdf

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© Junker Edelmetalle 2010
Autorin: M. Hümpfner